Foto: Carsten Ivo Gliese, Köln
Foto: Carsten Ivo Gliese, Köln
Milch & Honig in Ratingen
 

Spiegelverkehrter LED Text am Stadt­mu­seum Ratingen. Präsen­tiert im Rahmen des Ausstel­lung­spro­jektes „Blick­wechsel“ in Nordrhein­West­falen – 42 Kunst­pro­jekte im öffentlichen Raum, 2011.

Ein spiegelverkehrter, roter LED-Schriftzug ist auf zwei Spiegelflächen waagerecht an der schiefer­verklei­deten Außen­fas­sade des Museums der Stadt Ratingen instal­liert. Zwei flache Tafeln, 200 x 50 cm und 180 x 50 cm, sind über Eck ange­bracht. Am Scheit­elpunkt der Graben­straße und des Peter-Brüning-Platzes in Ratingen – unmit­telbar vor dem ehema­ligen Lintorfer Tor, der einst­mals wuchtig­sten, heute nicht mehr vorhan­denen Wehran­lage der alten Stadt­mauer gelegen – steht das Verwal­tungs­ge­bäude des Museums der Stadt, ein schmuck­loser, schiefergedeckter, dreigeschos­siger Baukörper. Die schmale Seite des rechteck­igen Gebäudes, der Eingangs­bereich, weist auf den Peter-Brüning-Platz und den Ehren­friedhof hin. Die lange Seite des Gebäudes hingegen erstreckt sich leicht abschüssig in die Graben­straße hinein. An diesem Gebäude hat Thorsten Gold­berg in Höhe des zweiten Obergeschosses unter­halb einer Fenster­bank den rot leuch­t­enden, spiegelverkehrten LEDSchriftzug „Milch & Honig“ über Eck ange­bracht. Von dort leuchtet er und weist – gleichsam auf den ersten flüchtigen Blick symbol­isch – dem Betra­chter den „Weg in das Gelobte Land“, den Weg nach dem Glück, der Frei­heit und dem Paradies. Auf den zweiten Blick wird jedoch die Illu­sion erkennbar und die bewusste ironische Brechung deut­lich: Durch den kleinen Eingriff der Buch­stabe­numkehrung wird die Lesbarkeit der Botschaft verän­dert und so das hoff­nungs­frohe Versprechen auf das Traum­land infrage gestellt.* „Milch und Honig“ verweist auf die Passage des Alten Testa­ments, in der Gott den Israeliten verspricht, sie „aus diesem Land in ein gutes und weites Land, in ein Land, darin Milch und Honig fließen“** zu führen. Das Land, in dem Milch und Honig fließen, wird auch als Synonym für die Beschrei­bung des Schlaraf­fen­landes verwendet. Ähnlich den Vorstel­lungen von Arka­dien oder dem Paradies, wird damit dem Wunsch nach einem besseren, leichteren, glück­licheren und erfüll­teren Leben Ausdruck verliehen.

* Klaus Thelen: Milch & Honig in Ratingen, in Katalog: Blick­wechsel, Güter­sloh 2010.
** AT, 2. Buch Mose, 3,8.