Interaktive Videoinstallation für die Glasfassade des Gebäudes A3 der Kreuzbauten in Bonn. Fertiggestellt 2015.
Die Liegenschaft mit den beiden Kreuzbauten in der Bonner Heinemannstraße ist ein Ort, der die politische Kultur ihrer Epoche in allen ihren Aspekten zum Ausdruck bringt. Sie markiert den Beginn des 1967 geplanten Regierungsviertels im damaligen noch selbständigen Bad Godesberg nach Aufhebung des Vorbehaltes des Provisoriums Bundeshauptstadt Bonn.
An dem Ensemble aus Architektur, Freiraumgestaltung und Kunst lässt sich der politische und kulturelle Gestaltungswille der Bonner Republik bis heute ablesen. Die nüchterne Struktur der Gesamtanlage, die angestrebte Transparenz und Durchlässigkeit der modernen, vom Boden abgehobenen Gebäude, aber auch der spätere Zaun sind prägende Momente ihrer Zeit. Neben den beiden kreuzförmigen Hochhäusern besteht die weitläufige Gesamtanlage aus weiteren niedrigen Funktionsbauten, Pavillons und Pflanzflächen, die als Einzelelemente auf dem Plateau angeordnet sind. Durchbrüche und Öffnungen und die gesamte Unterfahrbarkeit des Plateaus lassen Lichthöfe und vielschichtige Räume mit unterschiedlichen Qualitäten entstehen. Die tiefergelegten Höfe sind geschützte Aufenthaltsräume, während die darüberliegende 0-Ebene Verkehrsfläche ist und Orientierung auf dem Gelände bietet. Die Räume sind unterschiedlich frequentiert und trotz der Offenheit des Geländes gibt es hier abgelegene Orte und versteckte Ecken. In das Konzept der Anlage wurden von Baubeginn an zahlreiche Kunstwerke für alle Ebenen der Außenräume und für die Innenräume der Gebäude mit eingeplant. Es ist das Zusammenwirken der gestalteten Freiräume, der Kunst und der Architektur, die die Qualität der Anlage ausmachen.
Die Isolierglasscheiben der rundum vollflächig verglasten Kantine geben die Umgebung als Spiegelung wieder. Der direkte Blick auf die Scheiben zeigt eine Spiegelung des gegenüberliegenden, also des im Rücken des Betrachters befindlichen Gegenstandes. Mit der eigenen Bewegung verändert sich der Winkel, die Tönung der Scheiben und die Oberfläche verändert die gespiegelte Darstellung. Oftmals werden Dinge oder bestimmte Details erst in der Spiegelung erkennbar. Jedoch stellt außer bei Luftspiegelungen, eine Spiegelung immer nur das dar, was im entsprechenden Winkel tatsächlich und unmittelbar sichtbar da ist.
Diese Spiegelung wurde ausgetauscht: Auf mehrere nebeneinander liegende Scheiben der Kantine werden mit einem speziellen Verfahren Bilder projiziert, die, weil kein sichtbarer Bildträger da ist, als Spiegelung auf der Scheibe erscheinen. Dargestellt werden Ansichten des Geländes, gestaltete Räume und das Miteinander der Kunstwerke und der gebauten Umgebung. Weil trotz der unterschiedlichen Qualitäten der Räume, die Formensprache einheitlich ist, ist es möglich, dass das projizierte Bild als Spiegelung der direkten Umgebung gesehen wird. Weil das projizierte Bild gar nicht so anders ist, als die tatsächliche Situation hinter dem Betrachter (oder im entsprechenden Winkel), fällt der virtuelle Transport des Bildes von dem einen Ende der Liegenschaft bis hierhin auf die Scheibe ersteinmal nicht auf. Zudem überlagert sich die projizierte Spiegelung mit der vorhandenen Fähigkeit der Scheibe, den Betrachter und die Umgebung zu spiegeln. Beim Näherkommen überlagern sich die gespiegelten Gebäude mit der Durchsicht in den Innenraum. Ziel ist es jedoch nicht zu täuschen, sondern ein Bild zu schaffen, das glaubwürdig ist und das gleichzeitig als Erzählung funktioniert. Durch den Austausch der natürlichen Glas-Spiegelung durch eine Abfolge von Projektionen kann eine virtuelle Reise über das Gelände unternommen werden. Ein Bildarchiv des Gesamtgeländes wird erstellt, das mit einem Bildwechsel von einem Bild pro Tag automatisch ablauft.
Zusätzlich ist eine interaktive Steuerung eingebaut, die es erlaubt, berührungslos per Handbewegung durch dieses Bild-Archiv zu steuern, somit selbst einen Gang über das Gelände zu unternehmen. Eine Kamera-unterstützte Gesten-Steuerung erkennt die Armbewegung des Betrachters in einem definierten Bereich vor der Projektionsfläche. So lassen sich die Bilder von links nach rechts oder von rechts nach links anschieben.
Auftraggeber: Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, vertreten durch das Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (BBR)
Koordination und Durchführung: Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (BBR), Referat A2 Berlin und Referat IIIB3 Bonn.
Fotos: Thorsten Goldberg