Ein Großdia in einem Leuchtkasten, 230 x 180 x 12 cm, in der Berliner S-BahnStation „Unter den Linden“ im Rahmen des Ausstellungsprojekts „transportale“, April – Mai 2003.
Das leuchtende Dia zeigt die Abbildung der historischen Karte „Accurata Utopia Tabula“ mit einer kompletten Legende der fast 2000 fiktiven Ortsnamen, Provinzen, Flüsse, Seen und Berge. Zusätzlich zu den für den Fahrgast notwendigen Informationstafeln, Plänen und Hinweisen sind im S-Bahnhof „Unter den Linden“ Tafeln gehängt, die historische Stadtansichten, bedeutsame Berliner Ereignisse und traditionsreiche Unternehmen in Text und Bild zeigen. Der Pariser Platz vor dem Brandenburger Tor gehört zu den städtebaulich markantesten Plätzen Berlins. Er wurde 1734 angelegt und ist heute Adresse der Repräsentanten der Länder, Banken und Versicherungen sowie des Hotel Adlon, von Tuchers Restaurant, Starbucks Coffee, Bugatti und KPM. Inmitten dieser Präsentation ist die historische Karte als Großdia mit vollständiger Legende in einem Leuchtkasten installiert. Die „Accurata Utopia Tabula“ wird dem deutschen Kartografen Johann Baptist Homann (1664 –1724) zugeordnet und gibt der 1694 herausgegebenen Reisebeschreibung „Erklärung der Wunder-seltzamen Land-Charten UTOPIÆ“ des Kaiserlichen Generals Johann Andreas Schnebelin einen wissenschaftlichen Kontext, kartografiert sie doch die Wunschorte und bildet auf das genaueste einen utopischen Weltteil, bestehend aus 17 Provinzen und etlichen Inselgruppen, ab. Das Schlaraffenland, bereits 1494 als Parodie auf das Paradies in einem Werk Sebastian Brants beschrieben, zeichnet das Traumbild eines Lebens unbegrenzter Wünsche. Die fantastischen Ortsbezeichnungen erzählen sowohl von sattem Wohlstand und bizarrem Überfluss, liefern jedoch auch Zeugnis von beständig drohendem Mangel. In der Mitte des Kontinents liegt das Land, in dem Goldmünzen auf der Straße herumliegen, schöne Kleider an den Bäumen wachsen und in dem niemand arbeitet, weil sich alles von selbst produziert. Dieser Ort einer verkehrten Welt ist in seiner Eigenschaft als Gegenstück zum erlebten Alltag noch heute von Bedeutung. Eingebettet in den realgeschichtlichen Vergangenheitsbezug, gibt sich Milch & Honig neben den vergleichbaren Schaukästen nicht auf den ersten Blick als Kunst zu erkennen: Hat der Passant die Karte und das Thema entdeckt, offenbart sich ihm der leise Kommentar zur Situation des Pariser Platzes als eines Ortes des überschwänglichen Luxus und eines Abbilds heutiger Wunschbilder.