I can see the whole room!
 

Wie eine klas­sische Werbeleuchtschrift steht der Satz: “I can see the whole room! … and there´s nobody in it!” freigestellt, als oberer Abschluss auf der Dachkante des neu gebauten Rechen­zen­trums der Johannes Guten­berg Univer­sität – der erste Teil über der Nord­west Fassade und der zweite Teil des Satzes über der Südwest­seite. Tagsüber zeichnet sich der Text dunkel wie die Fassade gegen den Himmel ab, ab Dämmerung leuchtet der Text warm weiß. Schrift­typus ist eine klas­sische nicht­pro­por­tionale Schrift, die Courier, ursprünglich 1956 von Howard Kettler entworfen.

Der Satz zitiert das Bild eines Mannes, der durch ein rundes Loch aus einer schwarzen Lein­wand herauss­chaut von 1961 von Roy Licht­en­stein. In einer Sprech­blase darüber steht der Satz, den der Mann zu jemandem sagt. Roy Licht­en­stein hat das Bild wiederum aus einem Steve Roper Cartoon von William Over­gard von 1961 über­nommen, in dem dem Satz noch ein „Trooper! …“ als ange­sprochene Person vorangestellt war. Wie andere Arbeiten Licht­en­steins thema­tisiert es das Sehen, Lesen und Erkennen durch einen tech­nis­chen Apparat und dessen Ungewis­sheit. Hier steht die Textbotschaft als leuch­t­ende Über­schrift zu dem geschlossenen Gebäudekörper des Rechen­zen­trums. Der Satz geht eine Verbindung mit der Architektur ein und scheint diese zu befragen. Aber bezieht sich „ich kann den ganzen Raum / Ort sehen!“ nur auf das Gebäude oder auch auf die nähere Umge­bung, die Kreuzung oder die Land­schaft … und wer könnte von welchem Stand­punkt aus, so eine Aussage machen? „room“ bedeutet: Platz, Raum, Zimmer, Ort, Spiel­raum, und neben einem umbauten Raum, spricht man auch von „room for improve­ment“, „room to move“ oder „room for hope“ oder „s. o. left no room for doubt“. Das alles scheint irgend jemand überblicken zu können, kann aber niemanden sehen oder erkennen und kommt zu dem Schluss, dass dieser Ort leer ist.

Auftraggeber: das Land Rhein­land-Pfalz, vertreten durch die Johannes Guten­berg-Univer­sität Mainz (JGU)
Entwurf 2024, Fertig­stel­lung 2025
Fotos: Thorsten Goldberg