Filmische Inszenierung für die Potsdamer Straße in Berlin. Nicht realisiertes Projekt des 2005 gewonnenen Wettbewerbs „Potsdamer Straße – Künstlerische Installation(en) zur Kunst und Kulturgeschichte“.
Für die Herstellung des Films wird die Straße für einen Tag lang komplett gesperrt, um eine Jockette auf einem Rennpferd die menschen- und autoleere Potsdamer Straße zwischen Schöneberger Ufer und der Kreuzung Grunewaldstraße im Schritttempo entlang reiten zu lassen. Dieser ungefähr 2 km lange Ritt wird über die gesamte Wegstrecke von einer Kamera begleitet, die der Reiterin folgt. Das schnittlose Video wird als permanente Endlosschlaufe auf einer LED-Monitorwand gezeigt, die nach Norden ausgerichtet und über dem Gehweg der Potsdamer Straße angebracht ist. Die Blickrichtung des Betrachters entspricht der Laufrichtung des Pferdes. Pferd und Reiterin ziehen in Rückenansicht als Repoussoir den Betrachter in den Bildraum hinein.
Die filmische Inszenierung thematisiert den urbanen Raum der Potsdamer Straße in mehrfacher Hinsicht: einerseits als aktuelle Hauptverkehrsstraße, andererseits als Weg, der früher mit Pferd und Wagen zurückgelegt wurde. Der Film konfrontiert mit der Geschichte der Potsdamer Straße: Handelsstraße im Mittelalter, erste Pflasterstraße Preußens, Repräsentationsstraße der Weimarer Republik, Schauplatz nationalsozialistischer Propaganda, Separation durch die Berliner Mauer. Die historische Bedeutung des geschichtsträchtigen Ortes kann durch Goldbergs Inszenierung neu wahrgenommen werden. Diese abwechslungsreiche Geschichte der Straße und ihr früherer Glamour, der sich bis heute als kollektives Bild von der Potsdamer Straße bewahrt hat und den Mythos dieser Straße ausmacht, unterscheidet sie von anderen quirligen und kulturell vielfältigen Geschäftsstraßen Berlins.
Still und leer würde die Straße unwirklich erscheinen. Durch die Sperrung wird die Straße zu einer Bühne umfunktioniert und „erwartet“ ein Ereignis, das zur Umkehrung deren sonstiger Rastlosigkeit führt.
Das elegante Rennpferd mit Reiterin ist ein bewusstes Gegenzitat zum Schlachtross des traditionellen, machtdemonstrierenden Reiterstandbildes. Zudem präsentiert sich das auf Wettrennen, Geschwindigkeit und Siege hin trainierte Rennpferd in ungewohnt gebremstem Tempo. Diese Umkehrung – Schritt statt Galopp – führt zu einer Entschleunigung und einem neuen Blickwinkel auf die Straße. Die zu erwartenden Bilder großstädtischen, flimmernden Lebens werden durch eine surreale Situation ersetzt, in der die Gesetzmäßigkeiten von Zeit und Raum nicht mehr zu greifen scheinen: Ein Rennpferd mit Reiterin in der Hauptstadt, auf der Potsdamer, ohne Menschen, ohne Autos und ohne weitere Akteure.
Vermittlung, Kooperation und Vorbereitungen auf das Projekt hin sind Bestandteile des künstlerischen Projektes. Das die Anwohner einbeziehende Erlebnis besteht in der gemeinsamen umfangreichen Vorbereitung ebenso wie in dem einmaligen Erlebnis der vollständig freien und aufgeräumten Straße nach dem Dreh. Da die Straße den ganzen Produktionstag für Autos gesperrt bleibt, können Anwohner und Besucher an dem einmaligen Zustand partizipieren.
Die gesamte Straße hält den Atem an – holt einmal tief Luft – und dann kann es wieder weitergehen, in alter Geschwindigkeit.